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Über die Geldlogik

Endlich habe ich raus, worin die grundlegende Problematik der Geldlogik besteht:

Ich habe es bisher so ausgedrückt: die Geldlogik ist eine gesellschaftliche Struktur, die sich als Individual- Logik verkleidet hat.

Wo ich stehen geblieben war, nicht mehr weiter wusste, war die Frage, ob diese Logik tatsächlich als Individual- Logik funktioniert oder nur ein Verblendungs- Zusammenhang ist, eine falsche Interpretation der Wirklichkeit, diese Logik also nur in den Köpfen der Menschen gedacht, synthetisch hergestellt, konstruiert wird.

Die Lösung kam mir dadurch, dass ich wieder mein Musterbeispiel zum Verständnis der Geldlogik, nämlich die Noten in der Schule herangezogen habe.

Was ist daran das brutale?

Zuerst noch ein anderes Beispiel:
Ich sah in diesem Jahr bisher zwei Fernsehsendungen, Eine davon war die Sendung: D. sucht das super- model (oder so ähnlich) mit Heidi Klum.
In der Jury saß ein angeblich bekannter catway-coach. Der übte mit den angehenden Models einen Auftritt in einem Bergwerk und war nach der Vorstellung total gerührt, wie gut diese Vorstellung gelungen war, weil er es geschafft hatte, alle models zu einem Team zusammen zu bringen. Nach der gelungenen Vorstellung weinte er vor laufender Kamera, weil er so begeistert von den „Mädchen“ war, es sei so schön gewesen.

Ich erkläre mir seine Tränen so: Es ging ja leider gar nicht um eine gelungene Team- arbeit, eine gemeinsame Aufführung, sondern ein brutales Auslese- Verfahren. Die Jury sollte gar keine schöne Gemeinschaftsleistung organisieren, sondern selegieren, Fallen stellen, bei denen etwa die Hälfte der Bewerberinnen rausfliegen mussten. Darüber- so glaube ich, weinte der coach in Wirklichkeit: über die menschlich beleidigende Täuschung, die er selber inszenieren mußte.

Genau das aber macht auch die Noten- Logik in der Schule. Sie zerstört, frustriert und beleidigt ständig das tief verwurzelte menschliche Bedürfnis der SchülerInnen, etwas Konstruktives für die Gemeinschaft zu tun. Alle Beiträge von Schülern zum gemeinsamen Projekt des Lernens, Gestaltens, Forschens – also „mitzuarbeiten“, werden durch die Notenlogik systematisch pervertiert zu genau dem Gegenteil, nämlich zu ostentativen (sich "melden") Einzelleistungen, die gerade von den anderen wegführen, sie zu Konkurrenten machen, der eigenen Profilierung gegen die anderen dienen. Die Schule behauptet gerade wieder das Gegenteil, nämlich, dass die jungen Menschen durch die Schule in die Gesellschaft integriert würden, sie also zu sozialen Wesen erzogen würden, die dank dieser „Sozialisation“ befähigt würden, in der Gesellschaft eine konstruktive „Rolle spielen“ zu können. Die Behauptung wäre also, dass erst die Schule aus egoistischen, chaotischen Menschen „soziale Wesen“, gesellschaftlich wertvolle Individuuen mache. Sie tut das aber mithilfe einer Logik, die gerade NICHT sozial, sondern typisch UNsozial ist. Wenn das Ergebnis dieses Prozesses der gesellschaftsadäquate Mensch sein soll, sagt das entsprechend deutliches über die Gesellschaft aus: sie ist als soziale Struktur wesensmäßig unsozial. Das Unsoziale kann aber die Tatsache der Gesellschaftlichkeit selber nicht sein, sondern nur die Steuerungslogik, die heute Gesellschaft herstellt, seit 1620 also die Geldlogik. Sie ist es, die diese Perversität vollbringt: nämliche eine Gesellschaftsstruktur zu schaffen, die selber gar nicht gesellschaftlich ist und damit die Menschen in ständige Widersprüche hineinzwingt.

Es ist der Zwang, die Frustration, dass ich als gesellschaftlich orientierter Mensch eigentlich einen positiven Beitrag für die andern leisten möchte, dass also meine Leistungsmotivation auf einen guten gesellschaftlich nützlichen Beitrag gerichtet ist, aber durch die herrschenden Verhältnisse dazu gezwungen, verführt, sozialisiert werde, diesen Impuls in eine egoistische, konkurrenzhafte Leistung zur Abgrenzung von den anderen umzumünzen (!). Diese- immer wieder als Erfolgsgeheimnis des Kapitalismus gefeierte- Logik, nämlich dass Menschen scheinbar bzw. faktisch egoistische Ziele verfolgen, aber dabei gleichzeitig das Gesamtwohl am meisten fördern (Adam Smith), dieses Erfolgsgeheimnis entwürdigt gerade die Menschen, erniedrigt sie, unterschätzt, unterfordert sie.

Es ist so wie die Entdeckung von Toyota am Fordismus und Taylorismus, nämlich, dass dort der Arbeiter zu einer fehlerlosen Maschine degradiert wird, um fehlerlose Produktion zu erzeugen, dass genau aber diese Degradierung eine Lähmung der Motivation bewirkt, eine Bremse und Begrenzung menschlicher Leistungsfähigkeit. Toyota hatte erkannt, dass der Mensch zu mehr fähig ist als ein perfekter Automat zu werden, dass seine Stärke gerade darüber liegt, und dann dafür gesorgt, dass in seinem Betrieb die Menschen an ihren sozialen und emotionalen Fähigkeiten gepackt und diese gepflegt und (leider) auch in die Profit- Logik eingebunden wurden. Dieses (gegenüber dem Fordismus) neue Paradigma war so erfolgreich, dass es bald von allen Autofirmen mehr oder weniger konsequent übernommen wurde.

Noch einmal anders ausgedrückt: der Fehler der gesellschaftlichen Struktur „Geldlogik“ ist , dass sie einen egoistischen Mechanismus verwendet, um Menschen gesellschaftlich zu integrieren, Gesellschaft zu konstituieren. Ein gesellschaftliches Ausschließungs- Prinzip (Zugang zum gesellschaftlichen Reichtum nur über Geld- unverdient geht nicht!) soll das gesellschaftliche Konstituens sein. Wir müssen also erst einmal zu Egoisten werden, um diese Art von Gesellschaft reproduzieren zu können.

Die Geldlogik ist eine Beleidigung der Menschheit, weil sie von der praktisch aufgezwungenen Voraussetzung und dem daraus wieder abgeleiteten Menschenbild ausgeht, dass der Mensch eigentlich isoliert, egoistisch, gegen die anderen ist und nur in einem mühsamen Dressurakt („Sozialisation“) zu „sozialen“ Verhaltensweisen, die eben gerade keine sozialen Verhaltensweisen sind, gebracht werden müsse. Die Geldlogik ist also ein gigantisches double-bind -Umerziehungsprogramm, in dem das für die Menschheit grundlegende sozialen Bedürfnis frustriert wird, indem ihr prinzipielle Unsozialität unterstellt und behauptet wird, diese Sozialität könne nur sekundär durch einen Trick, durch eine nicht- menschliche übergeordnete Logik erzwungen, aufgesetzt werden.

Und noch weiter: Dieser pädagogische Umweg, Menschen über eine egoistische, ungesellschaftliche, anti- gesellschaftliche Logik zur „Sozialität“ bringen zu wollen ist nicht NUR ein Programm, eine Durchsetzungsmethode. Es ist auch der inhaltliche Kern der Logik. Sie funktioniert genau so, dass es immer um etwas anderes geht als es scheint. Und das ist für uns so normal (geworden), dass es uns kaum noch auffällt. Und ein wichtiger Schritt zur Überwindung dieser Logik wäre, sich diese Absurditäten in aller Ruhe anzuschauen.

Nur ein Beispiel: die Werbung: sie schenkt uns schöne Bilder, Assoziationen, Geschichten, witzige Pointen, usw. Will sie uns tatsächlich etwas schönes GEBEN, uns bereichern? Nein im Gegenteil, sie will uns so viel wie möglich nehmen (unser Geld- und nicht nur durch den Kauf der beworbenen Waren, sondern sämtliche Kosten für diese Werbung selber müssen wir Konsumenten zahlen)

Oder ein Zitat aus: Adam Smith, Wohlstand der Nationen, über andere Menschen („Wirtschaftssubjekte“): „...wir wenden uns (..) an ihr Selbstinteresse und sprechen zu ihnen nie von unseren Bedürfnissen, sondern von ihren Vorteilen...

Oder wieder die viel anschaulichere Noten- Logik in der Schule: Die Schüler fragen nicht, worum geht es? Was ist das Thema?, sondern, was bekomme ich dafür? wie stehe ich? wie kann ich durch möglichst wenig Arbeit möglichst viel (Punkte) erreichen? Was will der Lehrer hören (damit ich ein gute Note bekomme) usw. Oder die Frage: Kann ich das schaffen? meint nicht irgendeinen Inhalt, sondern: auf eine 3 kommen.- Alles völlig selbstverständlich... aha? Diese Logik hat also die Struktur des permanenten Hintergedankens: Mir geht es immer um etwas anderes. Trage ich eine Ware zu Markte, dann kreist mein Denken nicht um's geben, also um mein konkretes Produkt, sondern um's nehmen- wieviel kann ich dafür NEHMEN, was bekomme ich dafür? Für diesen Augenblick, für den Verkauf, habe ich es ja nur hergestellt. Das meine ich mit "Hintergedanken!"

Und die Hintergedanken bei den Hintergedanken: „Ich würde mich nicht für eine Note anstrengen- ich tu's nur für meine Mutter“, sagt mir ein Schüler. Und die sagt: „mir wäre die Note ja nicht so wichtig, aber ich mach den Druck nur, damit der zukünftige Arbeitgeber zufrieden ist““. Und der sagt: „ich muss das alles nur tun, damit ich die Kunden halten kann“ ... usw.usw... eine spiralförmige Struktur.

Zugespitzt könnte man diesen System-Widerspruch auch so formulieren:

jeder (einzelne) setzt jeden (einschließlich sich selber) unter Druck ----- als Gesellschaftsstruktur!

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Page last modified on 24.10.2007 15:15 Uhr